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- Out 5, 2021
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Barrierefrei
Luxemburgs Schobermesse im Test: So zugänglich ist die „Fouer“ für Menschen mit Behinderung
Die „Schueberfouer“ trägt auch in diesem Jahr wieder das Label EureWelcome des Wirtschaftsministeriums – eine Auszeichnung für besondere Bemühungen in Sachen Barrierefreiheit und Gastfreundschaft. Doch wie inklusiv ist der Jahrmarkt tatsächlich? Wir haben David und seinen Vater John bei ihrem Besuch begleitet.
David, ein 18-jähriger junger Mann mit Zerebralparese, und sein Vater John Coughlan (48) erwarten uns an diesem Donnerstagnachmittag am großen Eingangstor der „Schueberfouer“. David ist mit einem elektrischen Rollstuhl unterwegs, den er über einen kleinen Joystick selbst steuert. „Das Gerät ist genau auf meine Bedürfnisse angepasst – die Stützen an Hüfte und Arm geben mir Halt“, erklärt er. David spricht langsam und stockend, weswegen viele der längeren Erklärungen von seinem Vater kommen. Gemeinsam mit den beiden wollen wir herausfinden, wie barrierefrei die „Fouer“ tatsächlich ist. In unmittelbarer Nähe des Festgeländes stehen rund 20 reservierte Parkplätze zur Verfügung, doch David und John sind mit der Tram gekommen.
„Das ist sehr praktisch. Die Tram ist ohne Zweifel die zuverlässigste Art, barrierefrei unterwegs zu sein“, sagt John. Schwieriger sei es hingegen mit den Bussen. Offiziell seien die städtischen Busse zwar alle barrierefrei, da sie über Rampen verfügen. „Aber im Alltag sieht das oft anders aus“, ergänzt David. „Manchmal funktioniert die Rampe nicht oder die Fahrer haben keine Zeit und sind nicht besonders hilfsbereit“, führt sein Vater aus.
Spontan einen Besuch zu planen, ist für David und seine Familie kaum möglich. Sie sind es gewohnt, im Vorfeld genau zu prüfen, welche Vorkehrungen zur Barrierefreiheit bestehen – und wo Hindernisse auftauchen könnten. John erinnert sich an einen Urlaub in einem Hotel im Norden Luxemburgs: „Wir hatten ein großes, auf unsere Bedürfnisse zugeschnittenes Zimmer in der ersten Etage. Doch am zweiten Tag fiel der Aufzug aus und konnte nicht repariert werden. Zum Glück waren wir zu dem Zeitpunkt im Erdgeschoss, denn Davids Rollstuhl ist nicht einfach zu transportieren. Wären wir im ersten Stock geblieben, wären wir praktisch eingesperrt gewesen.“
Botschafter der eigenen Zukunft
Auf der Webseite der „Fouer“ hatte David bereits einige Informationen recherchiert – unter anderem zu den Standorten der barrierefreien Toiletten. Online sind sie klar auf den Plänen eingezeichnet, doch vor Ort weist lediglich ein kleines Schild den Weg, das man im Trubel der „Fouer“ leicht übersieht. Im Sanitärbereich selbst deutet nur eine Rampe auf die barrierefreie Kabine hin. „Von der Größe her passt es aber gut“, bestätigt David und fährt zur Probe hinein. Sowohl Waschbecken und Seifenspender als auch die Toilette mit Haltegriffen sind in einer passenden Höhe angebracht.
Beim Schlendern durch die Gassen der „Fouer“ fällt John auf, dass die breiten Wege gut befahrbar sind. „Es liegen keine losen Kabel herum – wenn doch einmal eine Leitung quer über die Gasse führt, dann unter Rampen, die problemlos passierbar sind. Auch die Bordsteinkanten sind abgeflacht und lassen sich leicht überwinden.“ Ein Besuch am Nachmittag sei zudem angenehmer, fügt er hinzu: „Da ist es weniger voll und David kann leichter manövrieren. Abends schauen viele Leute nach oben, gebannt von Lichtern und Spielen, und achten kaum darauf, wo sie hinlaufen.“
Dass Barrierefreiheit auf der „Schueberfouer“ eine große Rolle spielt, zeigt sich auch an den vielen Seniorengruppen, die am Donnerstagnachmittag unterwegs sind. Viele von ihnen sind auf Mobilitätshilfen wie Rollatoren oder Rollstühle angewiesen. „Man sagt: Menschen mit einer Behinderung sind Botschafter unserer eigenen Zukunft. Denn jeder Zweite wird im Alter mit Einschränkungen der Mobilität oder der Motorik zurechtkommen müssen“, sagt John, während wir auf der Terrasse eines „Fouer“-Restaurants eine Pause einlegen. „Was für David nicht zugänglich ist, bleibt auch vielen älteren Mitbürgern verwehrt.“
Viele, aber nicht alle Restaurants sind mit Rampen ausgestattet. „Wenn wir irgendwo nur Treppen sehen, und seien sie auch noch so niedrig, heißt das für uns: Hier sind wir nicht willkommen“, erklärt John. Doch allein eine Rampe reicht nicht. „Wir brauchen auch drinnen ausreichend Platz zum Manövrieren – und die Möglichkeit, uns an einen Tisch zu setzen.“
Viele der Spiele, an denen wir an diesem Nachmittag vorbeikommen, wird David aufgrund seiner Zerebralparese nie ausprobieren können. „Aber nach meinen Erfahrungen konzentrieren sich Menschen wie David eher auf das, was möglich ist – nicht auf das, was nicht geht“, sagt John. Was jedoch geht: eine Fahrt mit dem Riesenrad. Die Kasse selbst ist für David wegen der Stufen unerreichbar, also übernimmt sein Vater und fragt den Kassenwart, ob ein Einstieg möglich ist. „Wir werden es versuchen“, verspricht der Schausteller. „Falls es nicht klappt, erstatten wir selbstverständlich den Eintrittspreis.“
Hoch hinaus über die „Fouer“
Der Ausgang ist mit einer Rampe ausgestattet. Ein Mitarbeiter will Davids Rollstuhl anschieben, doch John greift ein und erklärt, dass sein Sohn das selbst steuert. Um die Ecke wird es kurz eng, als aussteigende Passagiere entgegenkommen. Noch kniffliger wird es beim Einstieg in die Kabine: Ein Angestellter klappt die rechte Sitzbank hoch, um Platz zu schaffen, während andere den Rollstuhl die steile Rampe hinaufheben. Schließlich klappt es – und kurz darauf hebt sich die Gondel langsam in die Höhe.
Während wir hoch oben die Aussicht über die Stadt Luxemburg genießen, erzählt David, dass es für ihn das erste Mal auf dem ikonischen Riesenrad der „Fouer“ ist. Zur Schule geht er seit diesem September nicht mehr. „Die ist vorbei.“ Stattdessen arbeitet er nun bei seinem Vater. „David besucht auch ein Tagesfoyer, aber viele der dort angebotenen Tätigkeiten verlangen mehr Feinmotorik, als er mitbringt. Ich bin jedoch überzeugt, dass er im digitalen Bereich eine Perspektive hat. Wir probieren aus, was zu ihm passt“, erklärt John. Er ist Generalsekretär der International Cerebral Palsy Society sowie von Cerebral Palsy Europe.
Als die Fahrt endet, weiß David schon genau, was er als Nächstes machen möchte: Enten fischen. Also machen wir uns auf die Suche nach einem passenden Stand. Viele der Schießbuden sind für David wegen der hohen Anforderungen an die Feinmotorik nicht machbar – auch wenn sie grundsätzlich für Rollstuhlfahrer zugänglich wären. Andere Attraktionen wiederum scheitern an baulichen Hürden, etwa einem Absatz vor der Theke des Schaustellerwagens. Nach einigen Minuten entdecken wir schließlich eine Entenbahn, deren niedriger Wasserlauf David den perfekten Platz zum Fischen bietet. Schon nach wenigen Versuchen hat er das erste Plastiktier am Haken.
„Die Stadt unternimmt viele Anstrengungen, die Fouer so barrierefrei wie möglich zu gestalten“, lautet am Ende das gemeinsame Fazit der beiden. „Für mich klappt es ziemlich gut“, sagt David. Während unseres Rundgangs sind uns auch viele andere Rollstuhlfahrer begegnet. Doch ohne Unterstützung wären für David viele Erlebnisse schwierig bis gar nicht möglich gewesen. „Außerdem darf man nicht vergessen: Nicht jeder Mensch mit Behinderung hat dieselben Bedürfnisse wie David. Was ist zum Beispiel mit der Barrierefreiheit für Menschen mit Sehbeeinträchtigungen?“, fragt John. Leitlinien, eine Braille-Karte der „Fouer“ mit den Ständen, Braille-Beschriftungen auf den Toiletten oder barrierefreie Restaurantkarten waren jedenfalls nicht zu finden. „Es gibt viele Fortschritte – aber sicherlich auch noch einiges Verbesserungspotenzial.“
Tageblatt
Luxemburgs Schobermesse im Test: So zugänglich ist die „Fouer“ für Menschen mit Behinderung

Die „Schueberfouer“ trägt auch in diesem Jahr wieder das Label EureWelcome des Wirtschaftsministeriums – eine Auszeichnung für besondere Bemühungen in Sachen Barrierefreiheit und Gastfreundschaft. Doch wie inklusiv ist der Jahrmarkt tatsächlich? Wir haben David und seinen Vater John bei ihrem Besuch begleitet.
David, ein 18-jähriger junger Mann mit Zerebralparese, und sein Vater John Coughlan (48) erwarten uns an diesem Donnerstagnachmittag am großen Eingangstor der „Schueberfouer“. David ist mit einem elektrischen Rollstuhl unterwegs, den er über einen kleinen Joystick selbst steuert. „Das Gerät ist genau auf meine Bedürfnisse angepasst – die Stützen an Hüfte und Arm geben mir Halt“, erklärt er. David spricht langsam und stockend, weswegen viele der längeren Erklärungen von seinem Vater kommen. Gemeinsam mit den beiden wollen wir herausfinden, wie barrierefrei die „Fouer“ tatsächlich ist. In unmittelbarer Nähe des Festgeländes stehen rund 20 reservierte Parkplätze zur Verfügung, doch David und John sind mit der Tram gekommen.
„Das ist sehr praktisch. Die Tram ist ohne Zweifel die zuverlässigste Art, barrierefrei unterwegs zu sein“, sagt John. Schwieriger sei es hingegen mit den Bussen. Offiziell seien die städtischen Busse zwar alle barrierefrei, da sie über Rampen verfügen. „Aber im Alltag sieht das oft anders aus“, ergänzt David. „Manchmal funktioniert die Rampe nicht oder die Fahrer haben keine Zeit und sind nicht besonders hilfsbereit“, führt sein Vater aus.
Spontan einen Besuch zu planen, ist für David und seine Familie kaum möglich. Sie sind es gewohnt, im Vorfeld genau zu prüfen, welche Vorkehrungen zur Barrierefreiheit bestehen – und wo Hindernisse auftauchen könnten. John erinnert sich an einen Urlaub in einem Hotel im Norden Luxemburgs: „Wir hatten ein großes, auf unsere Bedürfnisse zugeschnittenes Zimmer in der ersten Etage. Doch am zweiten Tag fiel der Aufzug aus und konnte nicht repariert werden. Zum Glück waren wir zu dem Zeitpunkt im Erdgeschoss, denn Davids Rollstuhl ist nicht einfach zu transportieren. Wären wir im ersten Stock geblieben, wären wir praktisch eingesperrt gewesen.“
Botschafter der eigenen Zukunft
Auf der Webseite der „Fouer“ hatte David bereits einige Informationen recherchiert – unter anderem zu den Standorten der barrierefreien Toiletten. Online sind sie klar auf den Plänen eingezeichnet, doch vor Ort weist lediglich ein kleines Schild den Weg, das man im Trubel der „Fouer“ leicht übersieht. Im Sanitärbereich selbst deutet nur eine Rampe auf die barrierefreie Kabine hin. „Von der Größe her passt es aber gut“, bestätigt David und fährt zur Probe hinein. Sowohl Waschbecken und Seifenspender als auch die Toilette mit Haltegriffen sind in einer passenden Höhe angebracht.
Beim Schlendern durch die Gassen der „Fouer“ fällt John auf, dass die breiten Wege gut befahrbar sind. „Es liegen keine losen Kabel herum – wenn doch einmal eine Leitung quer über die Gasse führt, dann unter Rampen, die problemlos passierbar sind. Auch die Bordsteinkanten sind abgeflacht und lassen sich leicht überwinden.“ Ein Besuch am Nachmittag sei zudem angenehmer, fügt er hinzu: „Da ist es weniger voll und David kann leichter manövrieren. Abends schauen viele Leute nach oben, gebannt von Lichtern und Spielen, und achten kaum darauf, wo sie hinlaufen.“
Dass Barrierefreiheit auf der „Schueberfouer“ eine große Rolle spielt, zeigt sich auch an den vielen Seniorengruppen, die am Donnerstagnachmittag unterwegs sind. Viele von ihnen sind auf Mobilitätshilfen wie Rollatoren oder Rollstühle angewiesen. „Man sagt: Menschen mit einer Behinderung sind Botschafter unserer eigenen Zukunft. Denn jeder Zweite wird im Alter mit Einschränkungen der Mobilität oder der Motorik zurechtkommen müssen“, sagt John, während wir auf der Terrasse eines „Fouer“-Restaurants eine Pause einlegen. „Was für David nicht zugänglich ist, bleibt auch vielen älteren Mitbürgern verwehrt.“
Viele, aber nicht alle Restaurants sind mit Rampen ausgestattet. „Wenn wir irgendwo nur Treppen sehen, und seien sie auch noch so niedrig, heißt das für uns: Hier sind wir nicht willkommen“, erklärt John. Doch allein eine Rampe reicht nicht. „Wir brauchen auch drinnen ausreichend Platz zum Manövrieren – und die Möglichkeit, uns an einen Tisch zu setzen.“
Viele der Spiele, an denen wir an diesem Nachmittag vorbeikommen, wird David aufgrund seiner Zerebralparese nie ausprobieren können. „Aber nach meinen Erfahrungen konzentrieren sich Menschen wie David eher auf das, was möglich ist – nicht auf das, was nicht geht“, sagt John. Was jedoch geht: eine Fahrt mit dem Riesenrad. Die Kasse selbst ist für David wegen der Stufen unerreichbar, also übernimmt sein Vater und fragt den Kassenwart, ob ein Einstieg möglich ist. „Wir werden es versuchen“, verspricht der Schausteller. „Falls es nicht klappt, erstatten wir selbstverständlich den Eintrittspreis.“
Hoch hinaus über die „Fouer“
Der Ausgang ist mit einer Rampe ausgestattet. Ein Mitarbeiter will Davids Rollstuhl anschieben, doch John greift ein und erklärt, dass sein Sohn das selbst steuert. Um die Ecke wird es kurz eng, als aussteigende Passagiere entgegenkommen. Noch kniffliger wird es beim Einstieg in die Kabine: Ein Angestellter klappt die rechte Sitzbank hoch, um Platz zu schaffen, während andere den Rollstuhl die steile Rampe hinaufheben. Schließlich klappt es – und kurz darauf hebt sich die Gondel langsam in die Höhe.
Während wir hoch oben die Aussicht über die Stadt Luxemburg genießen, erzählt David, dass es für ihn das erste Mal auf dem ikonischen Riesenrad der „Fouer“ ist. Zur Schule geht er seit diesem September nicht mehr. „Die ist vorbei.“ Stattdessen arbeitet er nun bei seinem Vater. „David besucht auch ein Tagesfoyer, aber viele der dort angebotenen Tätigkeiten verlangen mehr Feinmotorik, als er mitbringt. Ich bin jedoch überzeugt, dass er im digitalen Bereich eine Perspektive hat. Wir probieren aus, was zu ihm passt“, erklärt John. Er ist Generalsekretär der International Cerebral Palsy Society sowie von Cerebral Palsy Europe.
Als die Fahrt endet, weiß David schon genau, was er als Nächstes machen möchte: Enten fischen. Also machen wir uns auf die Suche nach einem passenden Stand. Viele der Schießbuden sind für David wegen der hohen Anforderungen an die Feinmotorik nicht machbar – auch wenn sie grundsätzlich für Rollstuhlfahrer zugänglich wären. Andere Attraktionen wiederum scheitern an baulichen Hürden, etwa einem Absatz vor der Theke des Schaustellerwagens. Nach einigen Minuten entdecken wir schließlich eine Entenbahn, deren niedriger Wasserlauf David den perfekten Platz zum Fischen bietet. Schon nach wenigen Versuchen hat er das erste Plastiktier am Haken.
„Die Stadt unternimmt viele Anstrengungen, die Fouer so barrierefrei wie möglich zu gestalten“, lautet am Ende das gemeinsame Fazit der beiden. „Für mich klappt es ziemlich gut“, sagt David. Während unseres Rundgangs sind uns auch viele andere Rollstuhlfahrer begegnet. Doch ohne Unterstützung wären für David viele Erlebnisse schwierig bis gar nicht möglich gewesen. „Außerdem darf man nicht vergessen: Nicht jeder Mensch mit Behinderung hat dieselben Bedürfnisse wie David. Was ist zum Beispiel mit der Barrierefreiheit für Menschen mit Sehbeeinträchtigungen?“, fragt John. Leitlinien, eine Braille-Karte der „Fouer“ mit den Ständen, Braille-Beschriftungen auf den Toiletten oder barrierefreie Restaurantkarten waren jedenfalls nicht zu finden. „Es gibt viele Fortschritte – aber sicherlich auch noch einiges Verbesserungspotenzial.“
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