• Olá Visitante, se gosta do forum e pretende contribuir com um donativo para auxiliar nos encargos financeiros inerentes ao alojamento desta plataforma, pode encontrar mais informações sobre os várias formas disponíveis para o fazer no seguinte tópico: leia mais... O seu contributo é importante! Obrigado.

Ein Weinfass als Altar, Jesus in der Schubkarre

Roter.Teufel

Sub-Administrador
Team GForum
Entrou
Out 5, 2021
Mensagens
23,919
Gostos Recebidos
974
Die Heilige Nacht im Flutgebiet
Ein Weinfass als Altar, Jesus in der Schubkarre


2,w=1489,q=low,c=0.bild.jpg


Wie die Menschen im Ahrtal bei einer Christmette Weihnachten feierten und Pfarrer Jörg Meyrer in der Not tröstende Worte fand

„Uns steht nicht der Kopf nach feiern, sagte mir jemand. Und ich kann es verstehen.“ Pfarrer Jörg Meyrer (58) während der Christmette in Bad Neuenahr-Ahrweiler.

134 Menschen sind im Ahrtal während der Sommerflut gestorben. Noch mehr haben ihr Heim verloren, ihre Existenz ist vernichtet worden. Und auch Meyrer hatte unmittelbar nach der Katastrophe den Glauben verloren: „Die Worte, die ich sonst gebraucht habe, passen nicht.“

▶ Wie können die Menschen dort in Frieden Weihnachten feiern?

Die Worte, die er in der Heiligen Nacht gefunden hat, waren Worte des Trostes. 46 zumeist ältere Menschen sind an Heiligabend um 22.30 Uhr zur Christmette in den Innenhof des Klosters Calvarienberg gekommen: Sie sind in dicke Mäntel gepackt, der Wind bläst eisig, die Temperatur ist auf den Gefrierpunkt gesunken, die Szenerie in grünes Licht getaucht. Die Farbe der Hoffnung.

Das Jesuskind liegt in einer Schubkarre, ein Weinfass dient als Altar, aus Lautsprechern klingt die erste Strophe eines Liedes: „Menschen, die ihr wart verloren“.

Nein, prachtvoll und festlich ist es hier nicht geschmückt.

Doch: „Vielleicht sind wir ihm tatsächlich, wenn wir in dieser Form Gottesdienst feiern, näher als in der Kirche mit lautem Orgelspiel, festlichem Weihrauch, glitzerndem Baum und einer wunderschön groß aufgebauten Krippe“, spricht Meyrer zur Gemeinde.

„So wenig Traditionen wie noch nie“

Der Pfarrer scheut keine drastischen Wörter, spricht von einem Zuhause, das „abgesoffen“ ist – und nimmt den Zuhörern die Illusion, dass an Weihnachten immer alles gut sei. „Wir wissen, es ist nicht alles gut.

Es ist in diesem Jahr so wenig alles gut, wie wir es in unserer Generation alle miteinander wahrscheinlich noch nicht erlebt haben.“ In den Gesichtern der Zuhörer liest man, dass diese Worte tröstende Wirkung zeigen.

„Wir feiern Weihnachten mit so wenig Traditionen wie noch nie. Ist es deshalb eine Enttäuschung, Weihnachten zu feiern? Für manchen wird das so sein.“

Doch dann sagt Meyrer: „Sind wir mit unseren Baustellen in Ahrweiler denn so weit weg vom Stall in Bethlehem? Sind die Wege nicht eigentlich sogar noch kürzer? Auch in Bethlehem, als Gottes Sohn Mensch wurde, war das nicht das Paradies auf Erden.“

Meyrer predigt weiter: „Unser Weihnachten kennt immer schon von Anfang an Gestank, Heimatlosigkeit, Flucht, Angst, Alleinsein, Sorgen, Überforderung.“ Und findet zum Schluss versöhnliche Worte:

„Die Hoffnung, dass das gut wird, die Hoffnung auf das kleine Licht im Dunkel ist da. Der Blick in die Krippe macht Mut. Gott ist da. Nicht im Paradies, sondern in dieser, unserer Welt.“

Für jeden eine Jesusfigur aus Kunststoff

Meyrer dankt der Gemeinde, den Messdienern: „Danke, dass wir so miteinander feiern durften.“ Er verneigt sich vor dem Jesukind in der Schubkarre und verabschiedet sich persönlich von den Besuchern.

„Ich hab da noch eine Kleinigkeit für Sie“, sagt er und drückt jedem eine kleine Jesusfigur aus Kunststoff in die Hand. Um 23.30 Uhr ist die Christmette zu Ende.

Es war eine Stunde in bitterer Kälte, die die Herzen der Zuhörer gewärmt hat.

Bild Zeitung
 
Topo